13. Längengrad

Meridian-Stein in Mietraching

Me­ri­dia­ne und Brei­ten­krei­se - ein kul­tur­ge­schicht­li­cher Über­blick

Die geo­gra­phi­sche Län­ge und Brei­te ge­ben (zu­sam­men mit der Hö­he über NN) die La­ge ei­nes Punk­tes auf der Erd­ober­flä­che an. Ein wich­ti­ges Hilfs­mit­tel sind da­bei Me­ri­dia­ne und Brei­ten­krei­se. In ih­rer Be­nut­zung spie­gelt sich die Er­kennt­nis wie­der, die wir von der Be­schaf­fen­heit der Er­de ge­won­nen ha­ben. Ih­re Ein­füh­rung ist da­her auch kul­tur­ge­schicht­lich in­ter­es­sant.

Wir heu­ti­gen Erd­be­woh­ner wis­sen, daß un­se­re Er­de ein fast ku­gel­för­mi­ger Kör­per ist, der um ei­ne durch Nord-und Süd­pol ver­lau­fen­de Ach­se ro­tiert und auf ei­ner fast kreis­för­mi­gen, el­lip­ti­schen Bahn um die Son­ne läuft. Die Um­dre­hungs­dau­er um die ei­ge­ne Ach­se legt den Tag, die Um­laufs­dau­er um die Son­ne das Jahr fest – zwei Zeit­ab­schnit­te, die un­se­ren Le­bens­ab­lauf ma­ß­geb­lich be­stim­men.

Es hat lan­ge ge­dau­ert, bis die­ses Wis­sen All­ge­mein­gut der Mensch­heit ge­wor­den ist. Im frü­hen Al­ter­tum gab es ne­ben ei­ni­gen phan­tas­ti­schen Vor­stel­lun­gen auch die durch die ober­fläch­li­che An­schau­ung na­he­ge­leg­te An­nah­me, daß die Er­de ei­ne Schei­be ist, die auf ei­nem un­end­li­chen Oze­an schwimmt. Es wa­ren erst­mals grie­chi­sche Ma­the­ma­ti­ker und Na­tur­for­scher, die auf­grund scharf­sin­ni­ger Be­ob­ach­tun­gen und Über­le­gun­gen das heu­ti­ge Welt­bild be­grün­de­ten. Dem grie­chi­schen Ge­lehr­ten Era­tosthe­nes in Alex­an­dria ge­lang es im 3.Jahr­hun­dert v.Chr. als ers­tem den Erd­um­fang recht ge­nau in den da­mals ge­bräuch­li­chen Län­gen­ein­hei­ten zu be­rech­nen. Um­ge­kehrt wur­de im 18. Jahr­hun­dert n.Chr. un­se­re heu­ti­ge fun­da­men­ta­le Län­gen­ein­heit, das Me­ter, als der 40-mil­li­ons­te Teil des Erd­um­fangs fest­ge­legt.

Mit dem En­de des rö­mi­schen Reichs und in den Wir­ren der Völ­ker­wan­de­rung blieb in Eu­ro­pa das Wis­sen um die Ku­gel­ge­stalt der Er­de, wel­ches nie ganz po­pu­lär ge­wor­den war, ei­ni­gen hoch­ge­bil­de­ten Per­sön­lich­kei­ten er­hal­ten. Ge­gen En­de des Mit­tel­al­ters konn­te es sich – teils auf­grund ara­bi­scher Li­te­ra­tur, in wel­cher die as­tro­no­mi­schen und geo­gra­phi­schen An­schau­un­gen der an­ti­ken grie­chi­schen Ge­lehr­ten er­hal­ten ge­blie­ben wa­ren – zu­neh­mend in brei­te­ren Schich­ten der Be­völ­ke­rung Eu­ro­pas durch­set­zen.

Zur Durch­set­zung tru­gen die auf­grund die­ser Er­kennt­nis­se durch­ge­führ­ten Ent­de­ckungs­rei­sen von Co­lum­bus und Ma­gel­lan bei, die na­tür­lich vor al­lem wirt­schaft­li­che Grün­de hat­ten. Co­lum­bus glaub­te, auf dem West­kurs über den At­lan­tik Asi­en mit sei­nen wert­vol­len Han­dels­gü­tern auf ei­nem kür­ze­ren See­weg zu er­rei­chen, als durch die lang­wie­ri­ge Um­run­dung Afri­kas.

Statt­des­sen ent­deck­te er 1492 un­wis­sent­lich den ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nent, der eben­falls mit im­men­sen Reich­tü­mern aus­ge­stat­tet war. Ih­re Aus­beu­tung führ­te zum Auf­schwung der da­mals See­fahrt be­trei­ben­den Na­tio­nen Eu­ro­pas und be­ein­flu­ß­te den al­ten Kon­ti­nent nach­hal­tig. Erst 1519 bis 1522 ge­lang es Ma­gel­lan durch sei­ne Welt­um­seg­lung an Süd­ame­ri­ka vor­bei den end­gül­ti­gen Be­weis für die Ku­gel­ge­stalt der Er­de zu er­brin­gen.

Die neu­en See­we­ge, die über wei­te Stre­cken des of­fe­nen Mee­res führ­ten, mach­ten ei­ne Ori­en­tie­rung aus­schlie­ß­lich mit Hil­fe der Ge­stir­ne er­for­der­lich, zwi­schen de­ren Win­kel­po­si­tio­nen am Him­mel und dem je­wei­li­gen Schiffs­ort geo­me­tri­sche Be­zie­hun­gen be­ste­hen. Da­zu mu­ß­te zur An­ga­be des Schiffs­or­tes ein die Erd­ober­flä­che über­span­nen­des Ko­or­di­na­ten­sys­tem ge­schaf­fen wer­den, das dann auch zur Orts­be­stim­mung auf dem Fest­land ver­wen­det wur­de – das uns ge­läu­fi­ge Grad­netz.

Es be­steht aus ei­nem Sys­tem von Län­gen- und Brei­ten­krei­sen. Wäh­rend die Län­gen­krei­se durch die Po­le der Erd­ach­se ver­lau­fen und glei­chen Durch­mes­ser ha­ben, sind die Brei­ten­krei­se Par­al­lel­krei­se zum Äqua­tor, der die Erd­ku­gel senk­recht zur Erd­ach­se hal­biert, und wer­den zu den Po­len hin im­mer klei­ner. Die Län­gen­krei­se wer­den durch die Po­le in Halb­krei­se ge­teilt, in so­ge­nann­te Me­ri­dia­ne, zu deutsch Mit­tags­li­ni­en. Der Na­me Mit­tags­li­nie kommt da­her, weil auf­grund der Erd­dre­hung die Son­ne ih­ren mit­täg­li­chen Höchst­stand in der Me­ri­dia­ne­be­ne er­reicht. Dies ge­schieht für al­le Or­te am glei­chen Me­ri­di­an gleich­zei­tig.

Un­ter der geo­gra­phi­schen Län­ge ei­nes Or­tes ver­steht man den Win­kel zwi­schen den Halb­kreis­ebe­nen des Orts­me­ri­di­ans und ei­nes Be­zugs­me­ri­di­ans (0°- Me­ri­di­an). Als Null­me­ri­di­an dient auf­grund in­ter­na­tio­na­ler Ver­ein­ba­run­gen seit 1884 der Orts­me­ri­di­an durch die Stern­war­te von Green­wich bei Lon­don. Die geo­gra­phi­sche Brei­te ei­nes Or­tes ist der Win­kel­ab­stand sei­nes Brei­ten­krei­ses vom Äqua­tor, ge­mes­sen in der Me­ri­dia­ne­be­ne vom Erd­mit­tel­punkt aus. Auf Glo­ben und Land­kar­ten sind im all­ge­mei­nen nur Me­ri­dia­ne und Brei­ten­krei­se für ganz­zah­li­ge Win­kel ein­ge­zeich­net. An ei­nem der­ar­ti­gen Me­ri­di­an, näm­lich dem 13. östl. Län­ge liegt Deg­gen­dorf – Mie­traching, wäh­rend der nächs­te ganz­zah­li­ge Brei­ten­kreis, der 49. nördl. Br., et­was nörd­lich von Re­gen ver­läuft. (Die Zäh­lung der Län­gen­gra­de er­folgt bis 180° je­weils in östl. und in westl. Rich­tung vom Null­me­ri­di­an aus. Die Brei­ten­gra­de wer­den vom Äqua­tor aus je­weils um 90° in nördl. und südl. Rich­tung ge­zählt.).

In­fol­ge der Erd­dre­hung geht an ei­nem öst­li­chen Ort die Son­ne eher auf als an ei­nem wei­ter west­li­chen. Da die Son­nen­schein­dau­er den Tags­ab­lauf be­stimmt, be­saß je­der Ort sei­ne ei­ge­ne Zeit. 12 Uhr mit­tag war es, wenn die Son­ne im Sü­den den höchs­ten Stand er­reicht hat­te. Mit dem Auf­kom­men schnel­ler Ver­kehrs­mit­tel, die in we­ni­ge Stun­den gro­ße Ent­fer­nun­gen über­win­den, lie­ßen sich die­se in­di­vi­du­el­len Orts­zei­ten nicht mehr auf­recht­er­hal­ten, denn z.B. die Ei­sen­bahn brauch­te für die Auf­stel­lung ih­rer Fahr­plä­ne ei­ne ein­heit­li­che Zeit. Nach der Ab­lö­sung von Son­nen­uh­ren durch me­cha­ni­sche Uh­ren mit gleich­mä­ßi­gem Gang wur­de au­ßer­dem die so­ge­nann­te wah­re Son­nen­zeit, wel­che jah­res­zeit­li­chen Schwan­kun­gen un­ter­wor­fen ist, von der mitt­le­ren Son­nen­zeit ab­ge­löst.

Man hat sich da­her ge­ei­nigt, Zeit­zo­nen mit ein­heit­li­cher mitt­le­rer Son­nen­zeit zu schaf­fen, die zu den Nach­bar­zo­nen um je­weils ei­ne Stun­de dif­fe­riert. Bei ei­ner Ta­ges­län­ge von 24 Stun­den sind das 24 Zeit­zo­nen, wel­che – geo­me­trisch idea­li­siert – die Form von Ku­gel­sek­tor­flä­chen ha­ben, die sich in Ost-West-Rich­tung über 15° er­stre­cken und je­weils ei­nen Zen­tral­me­ri­di­an ha­ben. Die west­eu­ro­päi­sche Zeit­zo­ne, gleich­zei­tig Welt­zeit­zo­ne, hat als Zen­tral­me­ri­di­an den Null­me­ri­di­an von Green­wich, un­se­re mit­tel­eu­ro­päi­sche Zeit­zo­ne den 15°- Me­ri­di­an östl. L., der durch die Stadt Gör­litz in Sach­sen geht. Al­ler­dings zei­gen die Zeit­zo­nen den Ide­al­ver­lauf nur auf den Ozea­nen und in dünn be­sie­del­ten Ge­bie­ten und wei­sen auf­grund prak­ti­scher und po­li­ti­scher Ent­schei­dun­gen be­trächt­li­che „Aus­beu­lun­gen“ auf. So ge­hört z.B. Frank­reich zur mit­tel­eu­ro­päi­schen Zeit­zo­ne, ob­wohl es nä­her am Me­ri­di­an von Green­wich als am Me­ri­di­an von Gör­litz liegt.

Was be­deu­tet nun die La­ge am 13. Me­ri­di­an östl. Län­ge für uns hier in Mie­traching? Da 15° Län­gen­dif­fe­renz ei­ner Zeit­dif­fe­renz von 60 Mi­nu­ten ent­spricht, so ent­spre­chen ei­ner Län­gen­dif­fe­renz von 1° ge­nau 4 Mi­nu­ten. Wenn al­so die Son­ne am Zen­tral­me­ri­di­an in Gör­litz ( 15° östl.L. ) ih­ren täg­li­chen Höchst­stand er­reicht, dau­ert es noch 8 Mi­nu­ten, bis sie hier in Mie­traching am höchs­ten steht. Sie fin­den den Me­ri­di­an-Stein ne­ben dem Gast­haus Tan­ner­bau­er, Ru­sel­berg­str. 48.

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